Die Regionalliga Nordost wird coronabedingt abgebrochen. Der letzte Wettbewerb, der der BSG bleibt, ist der Sachsenpokal. Doch auch hier deutet sich ein voreiliges, unschönes Ende an.
Der Sportbuzzer berichtete zuerst: Kurz nachdem der NOFV – im Sinne aller Vereine die Regionalliga Nordost – diese Saison abbrach, kamen neue Stimmen auf Landesebene auf. Thema: Sachsenpokal.
Die verbliebenen Vereine aus den oberen Ligen – Dresden, Zwickau, Auerbach, Chemnitz, Schiebock, Chemie und Dösen – hätten vorgeschlagen, das ausstehende Achtelfinale zu überspringen. Die unterklassigeren Teams sollten mit der Prämie für die nächste Runde abgespeist werden, sich damit aus dem Wettbewerb zurück ziehen. Der Pokal solle unter den Dritt- und Viertligisten ausgespielt werden. (Meiner Zählung nach wären das nur 7…was noch einige Probleme nach sich ziehen würde. Die lasse ich hier außen vor.)
Dieser Affront gegen die unterklassigen Teams aus Krostitz, Plauen, Niesky und Co. zielt auf eine Deadline, auf die der SFV und seine Mitglieder wenig Einfluss haben: den vom DFB teuer verkauften „Tag der Amateure“. Dieser – in Konferenz auf mehreren Kanälen ausgestrahlte – Finaltag der Landespokale wird gesponsert. Der Spieltermin ist seitens des Verbands bisher unumstößlich auf den 29. Mai terminiert.
DFB, Schutzpatron der Kleinen
Bis zu jenem Datum drei Runden Sachsenpokal auszuspielen, bei denen alle Vereine zumindest etwa vergleichbar trainieren könnten, scheint gerade wenig realistisch. Zumal die Teams, die jetzt im Schnellverfahren ausgeschlossen werden sollen, laut aktueller Coronaschutzverordnung voraussichtlich bis Mitte April nicht einmal trainieren dürften. Wohingegen Dynamo und Zwickau seit dem Sommer im regulären Liga-, die Regionalligisten zumindest seit Februar im „normalen“ Trainingsbetrieb sind. Die müßig – und nicht zu vergessen auch jüngst – erstrittene Ausnahmegenehmigung für die viertklassigen Vereine gilt für Oberliga und darunter Stand heute nicht.
Die Auslosung der Begegnungen für die ausstehende Runde der letzten 16 gibt dem Thema noch mehr Brisanz. Chemie gegen Zwickau würde das Ausscheiden eines höherklassigen Teams garantieren. Aus den beiden Partien Plauen – Bautzen und Krostitz – Freiberg würden sicher zwei Teams von unten das Viertelfinale erreichen. Kurzum: der Vorschlag wäre eine unfaire, uncharmante Regelung.
Nur wieso stehen wir da, wo wir stehen? Es scheint zwangsläufige Notwendigkeit zu sein, das Pokalfinale am Tag auszuspielen, welchen der DFB vorgibt. Auch wenn der SFV den Wettbewerb organisiert, ist doch das Ziel der ganzen Veranstaltung – auch finanziell – die erste Runde des DFB-Pokals. Also: Kuschen vorm großen Verband, allerorts, allerseits. Auch in Leutzsch.
Der Bruch nach unten
Die Kassen sind klamm, überall im sächsischen Fußball. Sieht man von Namo ab, die sich über die Liga eh für die erste Runde qualifizieren werden, kann es sich kein Verein aus Profi- und Semiprofiligen, sowie darunter erlauben, den DFB-Pokal auf zu geben. Schöne Gedankenspiele, dass der Rückzug in Solidarität mit den Oberligisten etc. genau anders herum geschehen sollte, sind lediglich eins: Träumereien.
Vorstände aus Zwickau, Auerbach und Chemnitz würden mit solch einem Rückzug aus dem Sachsenpokal ihre Verantwortlichkeiten gegenüber ihrem eigenen Verein brechen. Und für jene sind sie haftbar zu machen. Gleiches gilt auch in Leutzsch.
Darüber hinaus, so berichtet der MDR, gäbe es unter den Regionalligisten den Wunsch, keine Aufsteiger aus den Oberligen im Sommer zu zu lassen. Wohl, um die eh schon überfüllte Liga nicht noch weiter aufzupumpen. Welche Vereine diese Idee unterstützen, verschweigt der Artikel. In Anbetracht dessen, dass Bischofswerda einen Rückzug aus der Liga vor 3 Monaten angekündigt hat, wirkt diese Forderung absurd. Einen weiteren Startplatz in der Liga dadurch zu verhindern, dass man das ganze System in Frage stellt und damit beispielsweise dem VfL Halle den möglichen Aufstieg verwehrt, wirkt grotesk. Die Meldung ist frisch, viele ähnliche Gedankenspiele haben sich im letzten Jahr nicht bewahrheitet. Aber es unterstreicht erst Mal das erschütternde Bild, was der Fußball seit Beginn der Pandemie abgibt. Und Chemie scheint mittendrin.
Wir sind leider da, Markt schreckt uns auf.
Im AKS, bei der BSG, eröffnet sich uns oft der Traum des anderen Fußballs. Wie wir dort stehen, wo wir stehen, wie es da aussieht, was wir meinen, was wir sagen: alles etwas anders, besser. Näher an dem, wie viele gerne Fußball hätten. Einzig: mit Erfolg, großer Bühne und großem Wettbewerb hält auch die Realität Einzug. Wo man ein Flutlicht – eine sinnlose Ausgabe sondergleichen – noch hinter Stadionfolklore zu verstecken vermag, bedarf ein Spielbetrieb in Liga 4 darüber hinaus wohl noch die Aussicht auf den nationalen Pokal – ohne Rücksicht auf Verluste.
Und auch wenn – so nehme ich es wahr – das Solidarprinzip in der Fanszene gegenüber Niesky oder der SG Weißig höher steht als der eigene Pokalsieg: seitens des Vereins wäre es fahrlässig sich den Regeln des Marktes, in dem er agiert nicht zu unterwerfen. Denn um sich diametral dem modernen Fußball entgegen zu stellen, dazu ist die BSG zu nah dran. Ist sie auch Teil davon.
Ich hoffe darauf, dass der erste Impuls des Vereins nicht der letzte sein wird. Unter anderem, weil ich hier schreibe, weil es viele Fans nicht wollen und weil sich unsere Idee des „anderen Fußballs“ durchsetzt, überzeugt. Doch machen wir uns nichts vor: die Interessen des Vereins unterliegen denen des Markts. Und die Verhandlungen zwischen dem, was Ultras, Fans und Liebhaber der BSG auf der einen Seite richtig finden und dem, was für den Verein wirtschaftlich bzw. sportlich gut ist, gehen gerade erst los.
Mögen sie auf Augenhöhe stattfinden.