Das Warten hat ein Ende. Am Freitag startet die Champions League des Ostens in die neue Saison. Unsere BSG Chemie gastiert am Sonntag in Babelsberg. Dabei hat die BSG einen der bzw. vielleicht sogar den schwierigsten Gegner für eine Auftaktpartie erwischt. Warum das so ist und wieso die Leutzscher Legende dennoch gute Chancen auf einen erfolgreichen Auftakt hat, erfahrt ihr in diesen Artikel.
Neuer Trainer – neue Unsympathen
Nach 2 Trainerwechseln in der vergangenen Saison möchte der ehemalige Zweitligist nun endlich wieder Kontinuität auf dem Trainerstuhl. Dafür holte man den 40-jährigen Markus Zschiesche von Tennis Borussia Berlin. Die Charlottenburger verließ er nach zwei Jahren um einen Verein mit einer besseren sportlichen Perspektive zu trainieren. Diesen scheint er nun gefunden zu haben. Der Stadtteilverein hegt durchaus Ambitionen und beantragte in den letzten Jahren öfter die Lizenz für die 3. Liga. Im letzten Jahr reichte es aber nur für den 11. Tabellenplatz. In der Sommervorbereitung verlor man nur zwei Testspiele (0:1 gegen die Bundesligamannschaft von Hertha und 0:4 gegen Ligakonkurrent BFC Dynamo), dennoch muss sich die neu formierte Mannschaft unter dem neuen Trainer erst finden und überzeugen.
Für mehr offensive Durchschlagskraft verpflichtete man die beiden Ex-Babelsberger und zertifizierten Unsympathen Tom Nattermann & Matthias Steinborn. Zusammen mit dem Chemnitzer-Allesfahrer Daniel Frahn bilden diese künftig das Bermudadreieck von Potsdam-Babelsberg. Alle 3 Akteure sind vermutlich bereits über ihrem sportlichen Zenit, sind aber dennoch ausgewiesene Regionalligaknipser und immer für eine Bude gut.
Aus dem Mommsenstadion hat Neu-Trainer Zschiesche Rico Gladrow und Tahsin Cakmak mitgebracht. Beide sind technisch sehr versierte und kreative Spieler. Diese Fähigkeiten schienen den Nulldreiern zuletzt gefehlt zu haben. Desweiteren kam mit Luis Klatte vom Zweitligisten Hansa Rostock eine neue Nummer 1. Klatte kommt aus der Jugend von Hertha BSC und sammelte in deren U23 bereits Regionalligaerfahrung. Ich persönlich halte Klatte für eine deutliche Verstärkung gegenüber der letztjährigen Nummer 1 Jannick Theißen (zum 1. FC Düren abgewandert) und für einen der besten Keeper der Liga. Dominik N’gatie kam aus der Regionalliga Bayern vom VfB Eichstätt und soll die linke Außenbahn beleben. Jannis Fuchs (Energie Cottbus U19) und Saido Ibrahimo (Phönix Lübeck) sollen die Defensive stabilisieren. Ein weiterer interessanter Neuzugang ist Daoud Iraqi, der von Shabab Al-Khaleel kam. Dort wurde er letztes Jahr palästinensischer Meister. Er spielte zuvor bei TeBe und beim BAK, bevor er über den 1. FC Phönix Lübeck in das Heimatland seines Vaters wechselte.
Eine Wundertüte, bitte!
Auch wenn der SVB nur 4 Abgänge von Stammspielern (Janick Theißen, Petar Lela, Robin Müller, Jakub Moravec) wegstecken musste, wirkt der Kader nicht qualitativ und vorallem nicht breit genug um um den Aufstieg mitzuspielen. Zudem ist der Altersschnitt im Kader mit 25,3 Jahren der vierthöchste der gesamten Liga. In Sachen Gesamtmarktwert rangieren die Filmstädter im Mittelfeld der Liga. Die Ambitionen erscheinen also übergroß wenn man sich die blanken Fakten anschaut.
Dennoch gibt es zum Start meiner Meinung nach keine schwerer einzuschätzende Mannschaft als den SV Babelsberg 03. Miroslav Jagatic beobachtete bereits mehrere Testspiele des kommenden Gegners, um sich ein Bild über die Potsdamer zu machen. Die Babelsberger haben sich praktisch komplett neu aufgestellt, ohne die ganz großen personellen Veränderungen zu machen. Markus Zschiesche wird versuchen seinen Stil des Fußballs umzusetzen, jetzt da er endlich einen ambitionierten Verein mit sportlicher Perspektive gefunden hat. Man könnte bis zum Anpfiff am Sonntag darüber rätseln wo Babelsberg steht oder welche Rolle sie in der neuen Saison spielen werden, aber diese Sorgen muss sich die BSG gar nicht machen, wenn die sich auf ihre Stärken besinnt.
Die beste Chemie aller Zeiten?
Zuallererst: Ja, sowohl ein Stefan Karau als auch ein Benjamin Boltze sind menschlich und auch sportlich ein herber Verlust. Doch betrachten wir es nüchtern: Benjamin Boltze war im letzten Jahr da wenn man ihn brauchte, allerdings kein Stammspieler. Auf der Position des rechten Verteidigers haben wir den Luxus auch ohne Neuzugänge ein Überangebot zu haben. Florian Brügmann, Manuel Wajer, Tom Müller und auch Lucas Surek könnten diese Position ausfüllen. Stefan Karau wiegt da natürlich immens schwerer. Kapitän, Mentalitätsspieler, unumstrittene Leutzscher Legende. So etwas kannst du nicht ersetzen, das ist klar. Mit Philipp Harant kommt aber ein außerordentlich guter Innenverteidiger vom Zweitliga-Aufsteiger 1. FC Magdeburg. Stefan Karau wird er menschlich nicht ersetzen können, sportlich kann er das. Zudem kam mit Janik Mäder ein Spieler von Aufstiegsaspirant (certified by CE) Energie Cottbus, den der dortige Trainer Pele Wollitz äußerst gerne behalten hätte.
Daraus resultiert, dass Chemie so breit aufgestellt ist wie noch nie. Beinahe jede Position könnte qualitativ gleichwertig bzw. ähnlich ersetzt werden. Der Abgang von Stephane Mvibudulu wiegt daher gar nicht schwer. Natürlich muss sich das Team erst beweisen, überzeugen und das am besten bereits am Sonntag in Babelsberg. Man darf allerdings guter Dinge sein, dass die BSG Chemie nicht mit leeren Händen nach Hause fährt. Zudem kommt die zuletzt positive Bilanz gegen den SVB. Letzte Saison konnten beide Spiele gegen die Brandenburger gewonnen werden. Hinzu kommt auch der erste Regionalliga-Sieg im Jahre 2017. Daraus resultiert eine Bilanz von 3 Siegen, einem Unentschieden und 2 Niederlagen. Die Babelsberger sind also alles andere als ein Angstgegner.
Für einen positiven Saisonstart benötigt die Mannschaft natürlich auch ihre Schlachtenbummler:innen. Die Tageskassen am Gästeblock werden geöffnet sein. Also, Chemiker:Innen, ab am Sonntag nach Potsdam-Babelsberg und die BSG zum Auswärtssieg schreien!