Reisende soll man nicht aufhalten! Oder doch?

Mit der unglücklichen Niederlage gegen Zwickau befindet sich die BSG Chemie nun schon wieder in einer extrem langen Sommerpause und somit auch dem Start der Transferphase. Hoffnungen, Gerüchte, Munkeleien, Zugänge und leider auch Abgänge. Den Auftakt machte am Mittwoch die Bekanntgabe des Abganges von Burim Halili, zum FC Carl Zeiss Jena.

Burim Halili

Halili, ist in den vergangen eineinhalb Jahren zu einem der zentralen Spieler in unserer Abwehr gereift und verabschiedet sich mit folgenden Worten:

„Ich habe mich dazu entschieden, den Verein schweren Herzens zu verlassen und nach Jena zu wechseln. Der Grund ist, dass ich dort unter Profibedingungen arbeiten und mich weiterentwickeln kann und somit meinem Ziel, ins Profigeschäft zu kommen, näher komme. Ich bin Chemie unendlich dankbar für anderthalb schöne Jahre, in denen ich nach meiner erfolglosen Zeit in Erfurt wieder zu alter Stärke gefunden habe und mich weiterentwickelt habe. Dies alles wäre niemals möglich gewesen ohne die Mannschaft, das Trainerteam, die Funktionäre im Verein und natürlich die Fans. Auch wenn ich nur 20 Spiele absolviert habe, hatte ich doch in jedem Spiel Spaß vor diesen tollen Fans zu spielen, die bedingungslos hinter dem Verein stehen. Deswegen wünsche ich dem Verein alles Gute für die Zukunft, dass er sich weiterentwickelt und sich in der Liga stabilisiert. Bis bald, Chemiker!“

Burim Halili Abschiedsstatement bei chemie-leipzig.de

Burim möchte also dem Profigeschäft einen Schritt näher kommen und wechselt dann vom Tabellendritten zum Tabellenvierten der Regionalliga Nordost. Was für ein Karriereschritt!

Wechselt von Leutzsch nach Jena, Burim Halili! © Kevin Colditz

Nein Spaß beiseite, leider sind die Trainingsbedingungen in Leutzsch aktuell noch meilenweit von professionellen Bedingungen entfernt, so dass Burim in Jena schon auf eine bessere Entwicklungsmöglichkeit trifft. Und wenn wir ganz ehrlich sind, dann haben wir es dem glücklichen Umstand der Erfurter Insolvenz zu verdanken, dass Halili überhaupt den spontanen Weg ins Leutzscher Holz gefunden hat. Immerhin hat die BSG durch den ablösefreien Transfer in der Winterpause 19/20 dazu beigetragen, dass Halili nicht ein halbes Jahr ganz auf Fußball verzichten musste. Von Corona hatte man zu dem Zeitpunkt ja nichts gewusst.  

Ein echter Stammspieler

Mit Halili bekam die BSG damals einen gestandenen Regionalligaspieler, der auf der Erfahrung von 61 Regionalligaspiele und 3 Tore im Trikot von Union Fürstenwalde zurückblickte und 21 Jahre jung war. Im allgemeinen Insolvenztrubel von Erfurt brachte es Halili zwar nur auf 9 Spiele, entwickelte sich dann aber nach dem Wintertransfer zu Chemie zu einer absoluten Stammkraft.

Aufgrund von Corona sollten es in den eineinhalb Jahren Vertragslaufzeit zwar nur 20 Spiele für die BSG Chemie werden, davon 18 in der Regionalliga und 2 im Sachsenpokal. Jedoch untermauert die Einsatzzeit von 19 Spielen über 90 Minuten und einer Auswechslung im bereits entschiedenen Sachsenpokalspiel gegen Reichenbach in der 75. Minute, die Wichtigkeit von Burim für Chemie.

In der erneut abgebochenen Regionalligasaison 20/21 spielte Halili mit 2 Toren und einer Vorlage in 13 Spielen und einem durchschnittlichen Punkteschnitt von 1,87 Punkten pro Spiel, seine beste Karriereleistung und somit eine maßgebliche Rolle beim Erreichen des 3. Platzes der BSG Chemie. Und das alles noch ohne eine einzige Karte gesehen zu haben, in allen 20 Spielen.

Eine echte Bereicherung für die BSG Chemie, Burim Halili! © Kevin Colditz

Ein schwerer Verlust

Deshalb wiegt der Verlust an einen direkten Ligakonkurrenten schwer, insbesondere mit Blick auf das Alter der restlichen Verteidiger und dem nahestehenden Umbruch in der Abwehr. Machen wir uns nichts vor, einen Spieler wie Burim Halili werden wir nicht 1 zu 1 ersetzen können. Es bleibt natürlich nachvollziehbar, dass er nach Höherem strebt und dennoch ist es ärgerlich, dass es dem Verein nicht gelungen ist, Halili mit einem neuen Vertrag auszustatten, wie bereits zu Beginn der Saison 20/21.

Genau dieser Umstand schmerzt noch mehr, als der Verkauf an Jena. Denn selbst wenn Chemie erstmal nur ein Ausbildungs- und Spielerentwicklungsverein ist, muss es gelingen die Spieler mit solchen Verträgen auszustatten, die es ermöglich an einem Verkauf zu profitieren. Und gerade weil Chemie, den Spieler in einer Notsituation aufgefangen, ihn weiterentwickelt und verbessert hat, wäre es respektvoll und schön gewesen, einfach in irgendeinerweise einen finanziellen Gewinn daraus zu erzielen.

Morgan Fassbender

Und damit kommen wir eigentlich schon zum nächsten „Problemfall“. Mit der Verpflichtung des damals 21 jährigen Fassbender ist der BSG Chemie ein echter Transfercoup gelungen. Durch Zufall wurde man auf den pfeilschnellen Flügelstürmer des 1. Göppinger SV, der in der Oberliga Baden Württenberg für Furore gesorgt hat, aufmerksam. Morgan genoss eine sehr gute Ausbildung in der Jugend des VfB Stuttgart, des SSV Ulm und der Stuttgarter Kickers und konnte sein Talent bereits in der U17 und U19 Junioren Bundesliga unter Beweis stellen. Mit seinen vier Toren und zwei Vorlagen in 12 Spielen für die BSG Chemie weckte Fassbender auch schnell Begehrlichkeiten bei anderen Vereinen. Bereits nach einem halben Jahr wurde er, in der Winterpause, vom tschechischen Erstligisten MFK Karvina umgarnt. Der Wechsel scheiterte letztendlich nur an der Ablöse.

Heiss begegehrt, Flügelstürmer Morgan Fassbender! © Steffen Colditz

Ist Fassbender damit ein potentieller Sommerpausenabgang? Wahrscheinlich schon, auch Morgan hat das Potential für höherklassigen Fußball und strebt nach mehr. Allerdings hat die BSG Chemie hier in weiser Voraussicht im Einjahresvertrag eine Option für ein weiteres Jahr eingebaut. Wenig überraschend ist Fassbender aktuell eines der heißesten Transfergerüchten der BSG Chemie und ihm wird ein Interesse von Meppen, Magdeburg, Zwickau und Mannheim angedichtet. Alle samt Drittligisten, die in der Lage wäre eine Ablöse zu zahlen und Morgan Fassbender weiter zu entwickeln. Jedoch hat die BSG Chemie hier die Option noch nicht gezogen, weshalb die Gefahr besteht, auch den Leistungsträger Fassbender noch ablösefrei zu verlieren.

Quo Vadis BSG?

Umso unverständlicher ist es, weshalb die BSG Chemie die Option im Falle Fassbender nicht zieht. Sicherlich ist es schwierig, Spieler wie Halili und Fassbender weiterhin zu Finanzieren, mit einem minimalen Restrisiko auch eine weitere Saison unter dem Einfluss der Coronapandemie absolvieren zu müssen. Allerdings ist es auch nicht zu verachten, dass sich die BSG Chemie zu einem Verein entwickelt hat, der Spieler weiterentwickelt und Begehrlichkeiten auf dem Transfermarkt weckt. In unserer aktuellen Situation ist es auch völlig okay als Ausbildungsverein und Durchgangsstation zu agieren. Allerdings nur, wenn es der sportlichen Leitung gelingt, aus dieser Arbeit auch finanzielles Kapital zu schlagen. Das ist leider bei Halili nicht gelungen und im Falle Fassbender herrscht große Unsicherheit. Hier muss sich der Verein durchaus mit der Frage beschäftigen, ob er es sich leisten kann und will auf wertvolle Einnahmen zu verzichten.

Zumal  mit Nikolajewski, Reinhard und Florian Schmidt noch weitere potentielle Leistungsträger und Geldbringer mit auslaufendem Vertrag da sind.

Mach es gut Burim

Es kann also von einem spannenden und wildem Transfersommer ausgegangen werden, indem jeder kostenlose Verlust schmerzen wird. Denn wenn wir ehrlich sind, wollen wir auch in der nächsten Saison weiterhin so begeisternden Fußball sehen, wie in den viel zu kurzen 13 Spielen der abgebrochen Saison.

Einen großen Anteil daran hatte wie bereits erwähnt Burim Halili, dem wir auf diesem Wege alles Gute für seinen weiteren Karriereweg wünschen und uns für die geile Leistung in leider viel zu kurzen 20 Spielen für unseren Verein bedanken wollen. Und in den Spielen gegen uns kann er ja mal Fünfe gerade sein lassen und nur 50 Prozent geben, so als Ausgleich für die verlorenen Einnahmen. Deal?

Bye Bye Burim! © Kevin Colditz